Hallo Christian,
anbei ein paar Seiten aus meinen Erfahrungen. Könnte das unendlich ergänzen.... ;-)
Zum Thema "Implacementstiftung-Burgenland" hätte ich auch noch interessantes zu berichten.
Bitte meine Daten absolut diskret behandeln, will mir keine Klage anhängen lassen!!!
Habe diesem Trainerdasein den Rücken gekehrt. Vielleicht kann ich irgendwie mitarbeiten, weiter helfen, beraten, coachen .... etc.
Im Jahr 2001, damals war ich arbeitssuchende, wurde ich vom AMS in eine „Maßnahme“ (Erklärung DUDEN – Handlung, Regelung o.ä., die etwas veranlassen oder bewirken soll) gesteckt.
Kurz zu meiner Person: Jahrgang 54, ich hatte die Handelsschule besucht, war einige Jahre im Büro, dann Jahre im Außendienst – Verkauf tätig, drei Jahre mit einer Gastronomie (leider erfolglos) selbständig und hatte eine Ausbildung zum NLP-Master absolviert.
Also, in dieser sogenannten Maßnahme wurde BO – Berufsorientierung unterrichtet.
Die Trainer (es waren 2, ein Mann und eine Frau) waren so schlecht, dass ich nicht umhin konnte das Institut, dass diese Maßnahme ausführte anzurufen. Ich war sehr erzürnt und sagte: „Ich kann das besser!“ Worauf ich einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch bekam. Der zuständige Personalchef testete mich in einer sehr unangenehmen Art und Weise, bis ich ihm sagte, dass ich das Gespräch beende und jetzt gehe. Daraufhin fragte er mich, ob ich am Montag (es war Donnerstag) einen Kurs über Verkauf halten könnte. Dauer: acht Wochen. Ich war sehr überrascht und sagte ja. So begann mein 8-jähriges TrainerInnen – Dasein für 3 verschiedene Institute für AMS – Maßnahmen.
Die Kurse, die das AMS vergibt, werden ausgeschrieben und an das bestbietende (billigste) Institut vergeben. Aber nicht immer ist der Preis ausschlaggebend, manchmal ist es auch die Erfahrung und vielleicht ein bisschen .....“Strategie“!
Aber Geschenke sind doch legal, oder?
Die einzelnen AMS – Standorte haben auch ein eigenes Budget (ca. € 90.000,-), dass sie für kleinere Maßnahmen verwenden können. Die Entscheidung liegt dann bei dem jeweiligen AMS – Geschäftsstellenleiter. Natürlich stehen die Institute Schlange, um einen Kurs platzieren zu können. Denn das ist oft der Einstieg für mehrere Kurse auf mehreren Standorten. Es spricht sich sozusagen beim AMS herum und kein AMS will hinter dem anderen nach hinken. In den AMSen selbst gibt es ein großes Konkurrenzdenken. „Wer ist besser?“ „Wer kann mehr vermitteln?“ Oder besser gesagt, „Wer bringt die Leute besser unter Druck?“ damit sie von selbst aus der Statistik verschwinden. Die Mitarbeiter werden von den Geschäftstellenleitern vielerorts unter Druck gesetzt. Krankenstände und Burn-out sind an der Tagesordnung der AMS – MitarbeiterInnen. Manche Geschäftsstellenleiter benehmen sich wie „Gebietskaiser“ und bestimmen was sein darf und was nicht.
Was nun die „normalen“ Maßnahmen betrifft, so gibt es Kurse, die ganz gut sind. Es hängt natürlich von den TrainerInnen ab. Als TrainerIn ist nur die Person geeignet, die die Liebe zu den Menschen aufbringen kann, egal was passiert. Man muss sich vorstellen, dass die TeilnehmerInnen (in den meisten Fällen) nicht freiwillig in die Kurse gehen, sondern eben unter eine Maßnahme gestellt werden. Genauso ist auch die Motivation. Da sitzen sie in Reih und Glied, die Arme verschränkt (Abwehrhaltung) und hören kaum zu. Für mich als TrainerIn war es immer eine große Herausforderung, Menschen zu motivieren und ihre Begeisterungsfähigkeit wieder zu aktivieren. Manchmal gelingt es und ich kann mich noch sehr gut an eine Teilnehmerin erinnern, die mich auch Monate später immer wieder angerufen hat und sich bedankt hat, diese Teilnehmerin hat sich mit einer kleinen Werbeagentur selbständig gemacht, sie hatte vorher den Mut nicht dazu. Durch die Arbeit mir ihr konnte ich ihr Selbstbewusstsein stärken. Diese Teilnehmerin hat den Kurs „freiwillig“ besucht. Deshalb war sie aufgeschlossen. Das sind Highlights, aber es sind zu wenige.
Ich finde es gut, dass es Kurse gibt, ABER, die Menschen müssen sich FREIWILLIG entscheiden dürfen, ob sie einen Kurs belegen wollen, oder nicht. Zwangsmassnahmen mit der Androhung die finanzielle Unterstützung zu verlieren, ist absolut Menschenverachtend. Denn es geht nur darum die Statistik zu schönen, denn, wie ja allgemein bekannt, Arbeitsuchende in Kursen, fallen aus der Statistik!
Diese Vorgehensweise der Regierung ist absoluter NONSENS, denn Arbeit haben die Menschen keine, bekommen trotzdem AMS – Geld und noch dazu kosten diese Zwangsmassnahmen hunderte Millionen Euro jedes Jahr. Und jedes Jahr steht mehr Geld für diese Kurse zur Verfügung! Wenn das Geld für freiwillige Kurse Verwendung finden würde, die Sinn machen (Weiterbildungen im erlernten Beruf, Matura nach holen, Mütter mit Kindern eine wirklich gute Betreuungsstätte anbieten, weit reichende psychosoziale Hilfe, etc) wäre die Stimmung viel positiver.
Nachdem ich das erste Institut verlassen hatte, es gab Unstimmigkeiten mit meiner Projektleitung, bekam ich selbst die Stelle einer Projektleitung angeboten.
Aufgaben einer Projektleitung: Coaching und Einsatz der TrainerInnen, Ausstattung der Standorte mit Büromaterialien, Bindeglied zwischen TrainerInnen, TeilnehmerInnen und AMS. Anwesenheitslisten, Controlling, Coaching auf jeder Seite. Dieser Job war sehr interessant und abwechslungsreich bis ich eine der schlimmsten Maßnahmen übernahm, die ich erlebt habe.
QC3 - Qualification Coaching Career Center.
Auszug Infoblatt – Kursinstitut (Original Text):
QC3 – Qualification Coaching Career Center
Inhalte die auf die individuellen Bedürfnisse unserer KundInnen abgestimmt sind, statt Kurse von der Stange – das ist die Idee hinter dem Projekt QC3.
Um diese Bedürfnisse abzuklären, besuchen alle TeilnehmerInnen zunächst die Module „Clearing und Persönlichkeitstraining“. Als ersten Schritt erstellen wir, unter Rücksichtnahme auf die individuelle Einstiegssituation unserer KundInnen, persönliche Schulungspläne. Natürlich unterstützt XXXXX auch bei der Jobsuche, begleitet die KundInnen während des Bewerbungsprozesses und bietet darüber hinaus – je nach Bedarf – relevante Inhalte wie zum Beispiel EDV-Grundlagen, berufsbezogene Kommunikation oder Bewerben auf Englisch. Wichtig ist, dass wir dabei auf spezielle Zielgruppen, etwa auf Jugendliche oder ältere Arbeitsuchende über 45 Jahren, eingehen.
Nachdem die TeilnehmerInnen das Basismodul durchlaufen haben, führt das QC3 die individuelle fachliche Ausbildung weiter. Nun stehen verschiedene Qualifizierungsschwerpunkte zur Auswahl. Derzeit bieten wir Qualifizierungen in den Berufsfeldern:
· Tourismus
· EDV/Büro
· Fitness und gesunde Ernährung
· Buchhaltung I und II inkl. EDV
· Personalverrechnung I und II inkl. EDV
· Verkauf, Lager
· Englisch, Ungarisch, Tschechisch und Spanisch
· Orientierung im Gesundheitsbereich
Durch dieses flexible Angebot bietet das QC3 auf jede/n KursteilnehmerIn zugeschnittene Ausbildung.
QC3 ist etwas Besonderes und zwar:
Es werden im Jahr ca. 1.200 Menschen pro Standort durch diese Maßnahme geschleust! Dementsprechend verdient das Institut (bis zu € 1.800,- pro TeilnehmerIn).
QC3 geht folgendermaßen vor sich:
1. Es gibt einen Einstiegstag. Jeden Montag kommen zwischen 20 und 40 Leute, diese werden eingebucht! Die Liste kommt meistens am Freitag vom AMS, damit man genug vorbereiten kann.
Als ersten Schritt erstellen wir, unter Rücksichtnahme auf die individuelle Einstiegssituation unserer KundInnen, persönliche Schulungspläne.
Für diesen Schulungsplan hat man kaum 5 (!) Minuten Zeit!
Das Wichtigste, dass hier zu tun ist, Listen ausfüllen, wohin diese Leute gebucht werden und so schnell wie nur möglich dem AMS mailen.
2. „Clearing und Persönlichkeitstraining“
4 Wochen à 20 Wochenstunden. Diese 4 Wochen stellen sich so dar, dass die TrainerInnen mit den TeilnehmerInnen Lebenslauf, Bewerbung, Bewerbung telefonisch etc. verfassen und üben. Die Gruppen sind bunt gemischt, alt, jung, Menschen mit Drogenproblemen (sind meist auf Substitut), Alkoholkranke, Menschen, die nur die Sonderschule besucht haben, Nicht-ÖsterreicherInnen, die kein Deutsch sprechen ... Die TrainerInnen bemühen sich, sind aber angesichts der vielschichtigen Gruppen überlastet.
3. Qualifizierungen
Nach „Clearing und Persönlichkeitstraining“ kommen die TeilnehmerInnen in die Qualifizierung! Diese hat man sich am ersten Tag aussuchen können.
6 – 8 Wochen à 20 Stunden. Sieht man sich die Liste von oben an, so wird schnell klar, dass es zwar ganz nette Themen sind, aber in 6 oder 8 Wochen auch nicht in 12 lerne ich Ungarisch, Buchhaltung, Büroarbeit. Ich weiß zwar in groben Zügen worum es geht, kann es aber kaum im Job nutzen, da es nicht als Ausbildung gilt und in so kurzer Zeit gelten kann. Von individuelle fachliche Ausbildung keine Rede!
Die Vermittlungsquote liegt bei knapp 15 %. Das sind die TeilnehmerInnen, die schon vorher mit einem Ziel kamen und das TROTZ der QC3 – Maßnahme durchgesetzt haben.
Zu den TrainerInnen:
In der Anfangszeit wurde pro Stunde € 27,- bis € 30,- brutto bezahlt. Die meisten TrainerInnen sind selbständig. Für angemeldete TrainerInnen gilt in etwa ein Bruttogehalt um € 1.700,- für 40 Stunden (jedes Institut ist da unterschiedlich). Am Anfang war es nicht so wesentlich, ob man studiert hatte oder nicht. Hauptsache war eine abgeschlossene Ausbildung – inhaltlicher Bezug auf das zu Lehrende – und eine Trainerausbildung. Heute ist es so, dass nur noch TrainerInnen genommen werden, die aus einen psychologischen oder ähnlichen Studium kommen.
Ich habe als Projektleiterin schon einige TrainerInnen weinend das Zimmer verlassen sehen, weil sie nicht fähig waren, trotz Studium, mit den Menschen auch menschlich umzugehen, zu motivieren, zu schätzen, zu achten und sie haben ihr erlerntes Wissen ohne Rücksicht auf die Individualität im „Kübelsystem“ über die TeilnehmerInnen vergossen.
Es gab Drohungen und Messerattacken, vor allen zu männlichen Trainern.
Probleme mit Nicht – Österreichern bei Trainerinnen: „Du Frau, du mir nix sagen, was ich machen!“
Und wenn die Trainer nicht mehr weiter wissen, dann spielen sie Karten mit den TeilnehmerInnen!
Zu den Instituten:
Obwohl die Institute genug Geld bekommen, sparen sie überall, wo sie nur können. Da wird an den Standorten gespart. Es werden in Hotels Besprechungszimmer gemietet oder in leer stehenden Einkaufszentren. PCs werden viel zu wenige zur Verfügung gestellt (3 PCs für 15 Teilnehmer). Von Beamer gar nicht zu reden, noch immer kommt das Flipchart zum Einsatz.
Ich könnte noch Seitenweise weiter schreiben, das war nur ein kurzer Einblick in den Alltag der TrainerInnen.