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Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde - ja oder nein?:

Wenn Sie einen Bescheid bekommen, der die folgende oder ähnliche Rechtsbelehrung enthält:

"Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung gegen diesen Bescheid beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben werden. Diese muss mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein",

dann haben Sie die Möglichkeit, gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Erster Schritt: Beachtung der Frist

Wenn Sie den Bescheid nicht persönlich vom Briefträger übernommen haben, müssen Sie darauf achten, dass die Sechswochenfrist schon mit der Hinterlegung beim Postamt durch den Briefträger (und nicht erst mit der Abholung) beginnen kann.

Zweiter Schritt: Beratung mit einem Rechtsanwalt

Da die Beschwerde von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein muss, ist jedenfalls die Beiziehung eines Anwaltes erforderlich (in Abgabensachen kann auch ein Wirtschaftsprüfer die Beschwerde unterschreiben). Das unter http://www.oerak.or.at/ abrufbare Anwaltsverzeichnis enthält auch Angaben über bevorzugte Tätigkeitsgebiete der Rechtsanwälte, sodass Sie für Ihre jeweilige Materie (wie in den Beispielen etwa Steuerrecht oder Baurecht) eine Auswahl treffen können. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bietet unter http://www.kwt.or.at/ ein Verzeichnis ihrer Mitglieder an. Wichtig ist, dass Sie sich rechtzeitig an einen Anwalt oder Wirtschaftsprüfer wenden, damit ausreichend Zeit für die Verfassung der Beschwerdeschrift bleibt. Bedenken Sie die Sechswochenfrist!

Kostenrisiko:

Wer die auflaufenden Kosten tragen muss, hängt davon ab, ob Sie die Beschwerde "gewinnen" (der Bescheid wird aufgehoben) oder "verlieren" (die Beschwerde wird abgewiesen).

Wenn Sie "gewinnen", bekommen Sie die (staatliche) Gebühr für das verwaltungsgerichtliche Verfahren (derzeit € 180,--) und das Anwaltshonorar in der gesetzlichen Höhe (€ 991,20) ersetzt; eine allfällige höhere Honorarvereinbarung mit Ihrem Anwalt geht zu Ihren Lasten.

Wenn Sie "verlieren", müssen Sie nicht nur die eigenen Kosten (Anwaltskosten und Verwaltungsgerichtshofsgebühr) selber tragen, sondern auch der Behörde ihren Aufwand (derzeit € 381,90) ersetzen. Falls eine Verhandlung stattfindet, müssen Sie mit einer Verdoppelung dieser Kosten rechnen. Außerdem besteht in bestimmten Verfahren die Möglichkeit, dass sich sogenannte "Mitbeteiligte" auf Seiten der Behörde anschließen, die gleichfalls Kostenersatz (jeweils € 991,20) zugesprochen erhalten.

Wie bekommen Sie Verfahrenshilfe?

Innerhalb der sechs Wochen, die für eine Beschwerde offen stehen, müssen Sie an den Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe stellen. Er wird Ihnen dann die entsprechenden Aufträge erteilen, damit er die Voraussetzungen überprüfen kann. Wird der Antrag abgewiesen, beginnt die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde, die allerdings allen formellen Voraussetzungen entsprechen, insbesondere die Unterschrift eines Rechtsanwaltes aufweisen muss, neu zu laufen. Wird dem Antrag stattgegeben, setzt sich der von der Rechtsanwaltskammer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes namhaft gemachte Rechtsanwalt mit Ihnen ins Einvernehmen und verfasst die Beschwerdeschrift.

Ein als "Beschwerde" bezeichnetes Schreiben an den Verwaltungsgerichtshof erfüllt grundsätzlich den Gebührentatbestand, sodass die € 180,-- auch dann zu entrichten sind, wenn in der Folge eine zusätzlich beantragte Verfahrenshilfe nicht bewilligt wird. Es kommt dann auch nicht mehr zu einer weiteren Sechswochenfrist, weil die "Beschwerde" ja schon erhoben ist. Es wird daher empfohlen, in einem formlosen Schreiben, möglichst unter Anschluss des von Ihnen zu bekämpfenden Bescheides, bloß Verfahrenshilfe zu beantragen und nicht gleichzeitig "Beschwerde" zu erheben. Der Verwaltungsgerichtshof wird Ihnen dann die erforderlichen Aufträge erteilen, damit er die Voraussetzungen der Gewährung der Verfahrenshilfe prüfen kann.

28.02.2006

Verfahrenshilfe_VwGH.

Verfahrenshilfe_VfGH.

Empfehlung für Beschwerdeführer, die Verfahrenshilfe bewilligt erhielten:

muss ich dennoch zur Wahrung meiner anwaltlichen Sorgfaltspflichten darauf bestehen, dass jeder von mir vertretene Mandant zu mir zur Besprechung in der Kanzlei kommt. Ich betone dies deswegen, da ich leider auch eine Angelegenheit auf den Tisch bekam, in der der Verfahrenshelfer den Arbeitslosen nicht zur Vorbereitung der VwGH-Beschwerde in die Kanzlei bat, sondern meine Beschwerde ausschließlich aufgrund des von der Verwaltungsbehörde einseitig und nachteilig aufbereiteten Verwaltungsaktes verfaßte und ohne seinen Schützling jemals gesehen geschweige denn, gehört zu haben, den Sachverhalt gemäß Behördenakt unbestritten ließ. In diesem Falle werden Schadensersatzansprüche gegen den Verfahrenshelfer geltend gemacht werden.

Aus dieser Erfahrung möchte ich jenen, die einen Verfahrenshelfer für eine Beschwerdeführung beigestellt erhalten, unbedingt empfehlen, darauf zu bestehen, dass sie dem Verfahrenshelfer die Vorgänge beim Arbeitsmarktservice, wie sie sie konkret erfahren haben, darstellen können, um sie in der Beschwerde zu berücksichtigen. In vielen Fällen widerspricht das nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, da das Arbeitsmarktservice Landesgeschäftsstelle dazu kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchführte. Sollte dies von meinem Verfahrenshelfer abgelehnt werden, ersuche ich dies auch zu berichten.
Bedauerlicherweise musste ich auch wahrnehmen, daß nicht allgemein bekannt ist, dass mit der Beschwerde eine öffentliche mündliche und unmittelbare Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof zu beantragen ist. Bitte bestehen Sie auch darauf, dass der Verfahrenshelfer in der Beschwerde einen solchen Antrag stellt.

Mit freundlichen (kollegialen) Grüßen
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser (19.08.10)


 
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