VwGH zur Bedenklichkeit einer Konkurrenzklausel
Nunmehr liegt ein langersehntes, erstes Judikat des VwGH zur Bedenklichkeit einer Konkurrenzklausel in den Dienstverträgen eines bei den Arbeitslosen mittlerweile berühmten sogenannten sozialökonomischen Betriebes (Itworks) vor:
Wie mittlerweile allgemein bekannt ist, hat dieser Anbieter in seinen Dienstverträgen, bei welchen es sich durchwegs um solche, die nur eine Teilzeitarbeit vermitteln (30 h), handelt, neben zumindest einer anderen zwingendem Arbeitsrecht widersprechender Klausel, ein Konkurrenzverbot. Unter meiner Vertretung sind mittlerweile mehrere Verwaltungsgerichtshofs-Beschwerden und Rechtsmittelverfahren vor dem AMS zu dieser Thematik anhängig.
Zu dem Judikat des VwGH ist vorweg zu bemerken, dass er den Umstand, dass lediglich Teilzeitarbeit angeboten wird, nicht beanstandet:
»Wenn der Beschwerdeführer dazu (unter Hinweis auf ältere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor der Rechtslagenänderung zum 1. Jänner 2008) vorbringt, dass ein "Transitarbeitsplatz" keine am allgemeinen Arbeitsmarkt angebotene versicherungspflichtige Beschäftigung darstelle, übersieht er, dass durch die mit BGBl. I Nr. 104/2007 (mit Wirkung vom 1. Jänner 2008) angefügte Zumutbarkeitsregelung in § 9 Abs. 7 A1VG ausdrücklich auch "ein der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dienendes Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes (SÖB) oder eines Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes (GBP)" als (zumutbare) Beschäftigungen erklärt wurden. Da es sich bei der Firma I unbestrittenermaßen um einen im § 9 A1VG genannten Sozialökonomischen Betrieb handelt, kann somit ein Verhalten im Sinne von § 10 Abs. 1 A1VG zum Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe führen.
Der Beschwerdeeinwand, die angebotene Beschäftigung sei nicht angemessen entlohnt, trifft nicht zu: Die belangte Behörde hat demgegenüber festgestellt, dass die angebotene Entlohnung von € 876,32 bei einer Beschäftigung im Ausmaß von 30 Wochenstunden dem BABE-Kollektivvertrag entspricht, wonach die kollektivvertragliche Entlohnung € 1.100,-- brutto monatlich für eine Vollzeitbeschäftigung beträgt. Wenn die Entlohnung aber zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entspricht, ist sie gemäß § 9 Abs. 2 A1VG angemessen (vgl. dazu auch das zuvor genannte hg. Erkenntnis vom 7. Mai 2008).«
Hierzu muss ich anmerken, dass mir immer noch zahlreiche Berufungen, die von Betroffenen selbst verfasst werden, mit der Argumentation, die nach der neuen Rechtslage – wovor ich seit geraumer Zeit warne – nicht aufrechtzuerhalten ist unterkommen. Mit dieser Argumentation alleine kann als eine Beschäftigung nicht abgelehnt und eine Sperre nicht bekämpft werden.
Gegen die Beschwerde wendet das Arbeitsmarktservice, wie auch im Berufungsverfahren ein, dass dieser (sogenannte sozialökonomische) Arbeitskräfteüberlasser in Zusammenarbeit mit dem AMS die Einhaltung gewisser durch eine Richtlinie des Verwaltungsrates festgelegte Qualitätsstandards garantiere.
Vom Verwaltungsgerichtshof wird dagegen abgehandelt, dass auch bei sozialökonomischen Betrieben nicht von vorneherein alles erlaubt ist und eine Unzumutbarkeit der Beschäftigung zu prüfen ist und setzt sich der Gerichtshof mit der Frage der im Verfahren dargestellte Unzulässigkeit einer Konkurrenzklausel dieses Betriebes auseinander:
»Das Gesetz verpflichtet eine arbeitslose Person zwar nicht dazu, eine unzumutbare Beschäftigung im Sinne der näheren Bestimmungen des § 9 A1VG anzunehmen; das Gesetz verlangt aber nicht, dass alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, für die arbeitslose Person schon in einer frühesten Stufe der Bewerbung erkennbar sein müssen. Eine arbeitslose Person ist nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet (und das AMS zum Verlangen nach solchen Schritten nicht berechtigt), in dem solche Umstände einer Beschäftigung zutage treten, welche diese als für eine arbeitslose Person unzumutbar erscheinen lassen
(vgl. Das hg. Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2007/08/0187).
Eine zumutbare Beschäftigung setzt - über die in § 9 Abs. 2 A1VG ausdrücklich genannten Zumutbarkeitskriterien hinaus - voraus, dass der Dienstgeber für die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitslosen nicht die Annahme vertraglicher Bedingungen verlangt, die in wesentlichen Punkten wie z.B. der Arbeitszeitgestaltung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2002/08/0266) zwingenden Rechtsnormen widersprechen.
Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde sich aber mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Konkurrenzklausel im Dienstvertrag auseinandersetzen müssen, zumal im Zusammenhang mit seinem diesbezüglichen weiteren Vorbringen nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese - je nach ihrer Ausgestaltung - die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses unzumutbar machen könnte (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2006, Zl. 2004/08/0177).
Die belangte Behörde hat sich jedoch im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach in dem ihm bei der Firma I unterbreiteten Dienstvertrag eine seiner Meinung nach sittenwidrige Konkurrenzklausel beinhaltet gewesen sei, welche ihm die namentlich genannte Mitarbeiterin des potentiellen Dienstgebers auch nicht (näher) habe erklären können, ebenso wenig auseinandergesetzt wie mit seinem Einwand, dass der von der Firma I vorgelegte Musterdienstvertrag einen anderen Wortlaut aufweise.«
Empfehlungen an Betroffene dieses SÖB: häufig werden von Betroffenen Dienstverträge von vorneherein abgelehnt und ist der Inhalt des Dienstvertrages nicht dokumentiert. Ich kann daher nur empfehlen, den häufig auf dem Datenstick "übergebenen" Dienstvertrag von sozialökonomischen Betrieben dingfest zu machen (anderweitig abzuspeichern) oder sich eine Fotokopie davon geben zu lassen, damit ich, wenn ich eine derartige Angelegenheit übernehme, eine konkrete Prüfung, ob angebotene Verträge zwingendem Arbeitsrecht entsprechen oder nicht, durchführen kann und sich unbedingt den Dienstvertrag, insbesondere im Hinblick auf die Konkurrenzklausel, (nach Möglichkeit vor Zeugen, die mit Vor und Zuname und Adresse dokumentiert sein sollten – ich muss bedauerlicherweise in vielen Verfahren einen Beweisnotstand feststellen, weil die anderen Kursteilnehmer nicht feststellbar sind) erklären lassen.
Geprüft wird von mir nunmehr in derartigen Fällen auch, ob die zwingendes Arbeitsrecht verletzende Firma im Einzelfall direkt schadenersatzrechtlich, insbesondere auch für Vertretungskosten im Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice und vor dem Verwaltungsgerichtshof, verantwortlich gemacht werden kann.
Mit freundlichen (kollegialen) Grüßen
Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser eh. Schottenfeldgasse 2-4 A-1070 Wien
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